Die Bundesautobahn "Nördliche Umgehung Köln" stellt die Verbindung her zwischen dem Autobahnkreuz Köln-West im Zuge der Bundesautobahn Köln – Aachen, an dem die zukünftige Eifelfernstraße ihren Anfang nimmt, und dem Leverkusener Kreuz im Zuge der BAB Berlin – Köln, in dem die BAB Ruhrtangente in Richtung Kamener Kreuz beginnt. Die 17,8 km lange BAB "Nördliche Umgehung Köln" bringt damit eine Entlastung für den Verkehr zwischen dem Leverkusener Kreuz und dem Frechener Kreuz, der bisher über das Heumarer Dreieck und die Autobahnbrücke Rodenkirchen einen um 12 km längeren Weg zurücklegen mußte.
Die Notwendigkeit einer solchen Autobahnverbindung wurde schon bei den ersten Planungen für ein zusammenhängendes Autobahnnetz viele Jahre vor dem zweiten Weltkrieg erkannt. Die damalige Linienführung der Autobahn, deren Ansätze bereits im früheren Leverkusener Verteilerkreis sichtbar waren und die städtebaulich in Leverkusen freigehalten worden war, stimmt mit der heutigen Linienführung nahezu überein. Ebenso liegen die heutige Rheinbrücke Leverkusen und die linksrheinische Fortsetzung der Bundesautobahn nördlich von Merkenich und unter dem Bahnhof Longerich hindurch im Zuge des Grüngürtels der Stadt Köln annähernd im Verlauf der alten Planung. Eine Abweichung ergab sich lediglich südlich des großen Autobahnbogens an der B 59. Während die alte Trasse zwischen Widdersdorf und Lövenich hindurch die Autobahn Köln – Aachen westlich von Lövenich treffen sollte, führt die jetzige BAB östlich an Lövenich vorbei und stößt zwischen Weiden und Junkersdorf durch das Baugebiet hindurch zum Autobahnkreuz Frechen. Die neue BAB liegt somit vorteilhaft näher am Einzugsgebiet der Stadt Köln, das in diesem Bereich durch die beiden Anschlußstellen an der Aachener Straße (B 55) und Dürener Straße (B 264) an die BAB angeschlossen wird. Da diese 2,6 km lange Querverbindung zwischen B 55 und B 264 mit dem Frechener Kreuz von besonderem Verkehrswert war, wurde sie baulich früher begonnen und bereits am 10. Oktober 1962 dem Verkehr übergeben.
Im Zuge der BAB "Nördliche Umgehung Köln" sind bereits zwei Anschlußstellen fertiggestellt worden; eine Anschlußstelle nach dem Prinzip der Parallelrampen an der Venloer Straße (B 59) im Nordwesten Kölns und eine kleeblattähnliche Anschlußstelle an der Industriestraße im Norden von Köln. Durch letztere wird das Stadterweiterungsgebiet "Neue Stadt" und das umfangreiche Industrie- und Hafengebiet zwischen der Bundesstraße 9 und dem Rheinhafen Köln-Niehl an die Autobahn angeschlossen.
Eine weitere Anschlußstelle in Form eines Kleeblattes entsteht an der im Bau befindlichen autobahnähnlichen "Neuen B 9", die etwa 800 m westlich der Bundesbahnstrecke Köln – Neuß die "Nördliche Umgehung Köln" kreuzt. In diesem Raum war lange vor dem Kriege ein einseitiger Anschluß geplant, der den Flughafen Butzweiler Hof über die "Flughafenstraße" mit der Autobahn verbinden sollte.
Eine vierte Anschlußstelle ist unmittelbar hinter dem östlichen Widerlage der Rheinbrücke vorgesehen, wo die "Neue B 8" zwischen Düsseldorf und Köln auf Leverkusener Gebiet an die Autobahn angebunden werden soll.
Bei der BAB "Nördliche Umgehung Köln" wurde der Regelquerschnitt mit 30 m Kronenbreite angewendet. Alle Unterführungen sind jedoch so breit bemessen, daß anstelle der Standspur von 2,50 m Breite eine dritte Fahrspur angelegt werden kann. Ferner sind die Rheinbrücke Leverkusen mit 1061 m Länge und die beiden 527 m und 928 m langen Hochstraßen in Leverkusen aus brückenbautechnischen Gründen mit einer Breite von 33,00 m gebaut worden, wobei neben den zwei Fahrspuren einer Richtung eine 4 m breite Standspur angeordnet ist, die gegebenenfalls später als dritte Fahrspur ausgewiesen werden kann.
Der kleinste Kurvenradius der BAB beträgt 1000 m und die größte Steigerung 1,0 %, und zwar an den beiden Rampen der Rheinbrücke, so daß eine Entwurfsgeschwindigkeit von 140 km/h angenommen werden kann.
Für den ruhenden Verkehr ist im linksrheinischen Streckenabschnitt am Rande des Nüssenberger Busches ein Parkplatz gebaut worden.
Die Planfeststellungsverfahren für den gesamten Trassenverlauf mußten für die beiden Regierungsbezirke Köln und Düsseldorf getrennt durchgeführt werden. Der Planfeststellungsbeschluß für den linksrheinischen Teil erging am 16.7.1961, für den rechtsrheinischen Trassenabschnitt am 1.9.1962. Für die Rheinbrücke wurde am 20.10.1961 ein besonderer Beschluß erlassen. Verwaltungsklagen konnten durch Nachtragsbeschlüsse vom 15.5.1962 und 27.12.1963 ausgeräumt werden.
Insgesamt werden von der Autobahn 134 ha Grund und Boden beansprucht, der in 70 Kaufverträgen erworben werden mußte, wobei 17,4 Mio DM für Erwerb, Entschädigungen, Gutachtergebühren usw. aufzuwenden sind. Da 11 Grundeigentümer die Bauerlaubnis verweigerten, mußte man in diesem Fällen das Besitzeinweisungsverfahren einleiten; außerdem wurden vier Entschädigungsfeststellungsverfahren anhängig.
Im Streckenabschnitt zwischen der Aachener Straße (B 55) und dem Leverkusener Kreuz mußten einschließlich der Rheinbrücke 25 Brückenbauwerke – davon 14 Unterführungen und 11 Überführungen – mit einem Kostenaufwand von insgesamt 91,3 Mio DM gebaut werden. Der Brückenbauarbeiten begannen im Juni 1962.
Diese Vielzahl von Brücken ergibt sich zwingend aus der Vielzahl von Verkehrswegen im rheinischen Raum (Schiene, Straße und Wasserstraße), die planfrei zu kreuzen waren. Wenn man alle Unterführungsbauwerke aneinanderreiht, entsteht eine Brückenlänge von 2700 m, das sind 15 v.H. der Gesamtlänge.
Die lichten Weiten der meisten dieser Bauwerke betragen zwischen 6,00 m und 62,65 m, die Breiten zwischen den Geländern 6,50 m bis 50,50 m.
Darüber hinaus sind einige Bauwerke besonders erwähnenswert:
Die umfangreichen Gleisanlagen des Bahnhofes Longerich (2 Hauptgleise und 6 Nebengleise) wurden in einem 92,00 m breiten Bauwerk von 34,00 m lichter Weite unterfahren, wobei die Hauptgleise auch während der Bauarbeiten auf Grund einer Forderung der Deutschen Bundesbahn mit 140 km/h befahrbar bleiben mußten. Mit Hilfe von 3 Stahlüberbauten in den Zonen der Hauptgleise (32,00 m breit) konnte Gleis für Gleis kurzfristig unterlegt werden. Die restliche Breite des Überbaus bestand aus ingesamt 6 einzelnen vorgespannten Stahlbetonüberbauten. Dieses Bauwerk wurde in 16 Monaten vollendet und kostete etwa 8,6 Mio DM.
Die Rheinbrücke Lverkusen mit einer Gesamtlänge von 1061 m besteht aus einer stählernen Strombrücke von 689 m Länge und einer 372 m langen linksrheinischen Vorlandbrücke aus Spannbeton. Bei der Strombrücke mit ihrer 280 m weiten Schiffahrtsöffnung handelt es sich um eine über 5 Felder durchlaufende Schrägseilbrücke mit harfenförmig angeordneten Seilen, die an den Pylonen im Mittelstreifen angehängt sind. Der Hauptträger ist als zweizelliger Stahlhohlkasten ausgebildet.
Die Vorlandbrücke dagegen besteht aus zwei torsionssteifen Stahlbetonkästen mit verbindender Platte und läuft über 6 Felder.
Der Brückenquerschnitt, der die evtl. spätere Ausweitung von je drei Richtungsfahrbahnen ohne Standspur gestattet, enthält zusätzlich auf der Südseite einen 2,75 m breiten Gehweg und auf der Nordseite einen 3,25 m breiten Rad- und Mopedweg. Hierdurch wird dem Fußgänger- und Radfahrerverkehr zwischen Leverkusen und dem Industriegebiet im Norden Kölns Rechnung getragen.
Das Bauwerk wurde am 1. Juli 1961 begonnen und kostet insgesamt rund 43 Mio DM, davon entfallen 34,5 Mio DM auf die Strombrücke.
Im 2,8 km langen rechtsrheinischen Teilstück der BAB war der Bau von 2 Aufständerungen erforderlich; und so entstanden hinter der Rheinbrücke eine 527 m lange Stahl-Hochstraße und westlich des Autobahnkreuzes Leverkusen eine 928 m lange Spannbeton-Hochstraße. Die Stahl-Hochstraße wurde notwendig, um in diesem Bereich Planungen der Wasserwirtschaft und der Industrie Bewegungsspielraum zu lassen. Die Hochstraße besteht aus zwei Stahlhohlkästen mit orthotroper Platte, unterteilt in 12 Felder zwischen 27,50 m und 67,50 m Spannweite. Sie wurde in 13 Monaten Bauzeit errichtet und kostet 9,6 Mio DM.
Die 927 m lange Spannbeton-Hochstraße wurde aus städtebaulichen Gründen von der Stadt Leverkusen gefordert; daher beteiligt sich die Stadt an den Baukosten für einen Teilabschnitt dieser Hochstraße. Durch die Aufständerung entfallen 3 Einzelbauwerke, die über der alten B 8, über der Eisenbahnstrecke Köln – Düsseldorf und über der Tannenbergstraße hätten errichtet werden müssen. Außerdem kann die Fläche unter der Hochstraße vorteilhaft als Parkplatz benutzt werden. Die Brücke besteht aus zwei doppelzelligen Stahlbetonhohlkästen mit verbindender Platte über 31 Felder zwischen 23,55 m und 40,52 m Spannweite.
Das Bauwerk wurde in 14 Monaten Bauzeit fertiggestellt, was jedoch nur möglich war, weil die ausführende Firmengruppe mit Hilfe eines auf Schienen fahrenden Lehrgerüstes und mit nahezu fabrikmäßig vorbereiteten Schalelementen und Bewehrungselementen alle 10 bis 14 Tage ein vollständiges Feld betonieren und vorspannen konnte. Das Bauwerk kostet 13,7 Mio DM.
Die Erdarbeiten begannen Anfang 1963. Es mußten insgesamt 3,4 Mio m³ Bodenmassen bewegt werden, hiervon sind 2,5 Mio m³ reine Zulieferung aus nahe gelegenen Kiesgruben. Diese Bodenbewegungen wurden durch Einsatz modernster amerikanischer Großgeräte bewältigt.
Besondere Verhältnisse traten unmittelbar am Ostwiderlager der Rheinbrücke auf, wo die BAB-Trasse auf 635 m Länge das Kippengelände der Farbenfabriken Bayer durchstößt. Da innerhalb der 10 bis 12 m mächtigen Schutthalde aus chemischen Abfällen, Müll, Bauschutt und Unrat aller Art fortwährend chemische Umsetzungen stattfanden und umfangreiche Hohlraumbildungen und Setzungen eintraten, war diese Kippe als Unterlage für eine Bundesautobahn nicht geeignet. Aus diesem Grunde mußten rund 300000 m³ Kippengut bis auf den gewachsenen Untergrund ausgehoben und durch tragfähigen Boden ersetzt werden.
Die Autobahn erreicht eine größte Dammhöhe von 12,70 m und im Einschnitt eine größte Tiefe von 5,80 m. Es mußten rund 20 km Betonrohrleitungen verschiedenster Durchmesser verlegt und zudem in einem vorflutlosen Tiefpunkt der Autobahn-Trasse in der Nähe der Anschlußstelle an der B 55 ein Pumpwerk gebaut werden, um eine absolut sichere Entwässerung zu gewährleisten. Das Pumpwerk mit Stromversorgung kostete rund 175000 DM. Einschließlich von rund 600000 m² Mutterbodenandeckung, 200000 m² Raseneinsaat und insgesamt etwa 650000 Gehölzen verschiedenster Größe sind für den Erdbau rund 29,8 Mio DM aufzuwenden.
Als Fahrbahndecke wurde unter Zugrundelegung eines schweren und schnellen Verkehrs eine 30 cm dicke Schwarzdecke auf 15 cm dicker Zementvermörtelung eingebaut. Sie besteht aus 18 cm Heißbitumenkies in drei Lagen, 8,5 cm Binderschicht in zwei Lagen und 3,5 cm Hartgußasphalt. Zwischen dem Leverkusener Kreuz und dem Kleeblatt B 9 ist sie durch Zusatz von Synopal zum Abstreusplitt und zum Kornaufbau des Hartgußasphaltes versuchsweise aufgehellt worden.
Eingebaut sind:
rd. 285000 m³ Frostschutzkies aus trassennahen Kiesgruben
rd. 390000 m² Zementvermörtelung
rd. 55000 m² Betonleitstreifen
rd. 71000 m² Betonstandspuren
rd. 330000 m² schwere bituminöse Fahrbahndecken.
Der Deckenbau begann im April 1964 und kostete einschließlich der Gußasphaltbeläge auf den Brücken rund 19,5 Mio DM.
Von Inangriffnahme der Brücken- und Erdbauarbeiten mußten zahlreiche Wirtschaftswege verlegt und kreuzende Straßen abgesenkt und ausgebaut werden. Hierfür waren 2,6 Mio DM aufzuwenden. Große Schwierigkeiten, besonders durch Materialbeschaffung, bereitete die Verlegung, Änderung und Sicherung von etwa 55 Versorgungsleitungen für Strom, Telefon, Gas, Wasser und Leitungen der chemischen Industrie. Diese Kosten belaufen sich auf etwa 1,8 Mio DM.
Zur Verbesserung der Verkehrssicherheit wurde vom Leverkusener Kreuz über die Rheinbrücke hinweg bis zur Industriestraße eine elektrische Beleuchtung nach dem System der Leuchtstofflampen-Längskette installiert; hierbei handelt es sich um den Abschnitt der Bundesautobahn, der in Zukunft eine Ausweisung von 6 Fahrspuren zuläßt. Die Kosten für die Beleuchtung betragen 1,7 Mio DM.
Für die Verkehrssicherheit sind ferner Leitplanken im Mittelstreifen der Autobahn und an den Dammschultern, aber auch zur Verkehrsführung im Bereich der Anschlußstellen angebracht worden; dazu kommt eine einwandfrei reflektierende Fahrbahnmarkierung und die Anordnung von Reflektorleitpfosten auf den Banketten. Einschließlich der stählernen Schilderbrücken mit innen beleuchteten Kunststofftransparentschildern und einschließlich der üblichen BAB-Beschilderung und Fernmeldeanlagen (Streckentelefon mit Notrufsäulen) kosten die Sicherungsanlagen etwa 3,2 Mio DM.
Die Gesamtkosten für die BAB "Nördliche Umgehung Köln" betragen 167,3 Mio DM.