A 98 Singen – Lindau

(aus: Schefold/Neher (Hrsg.): 50 Jahre Autobahnen in Baden-Württemberg, Stuttgart 1986)

Plan des geplanten Streckenverlaufs

Eine Autobahn entlang des Bodensees war bereits im Netz der Reichsautobahnen von 1938 vorgesehen. Die Linie sollte in einem Autobahndreieck südlich von Fürstenberg mit der Linie Stuttgart – Schaffhausen verknüpft werden. Auch die Weiterführung in Richtung München und danach der Anschluß an die Strecke München – Salzburg bei Irschenberg waren bereits damals beabsichtigt.
Aus einer späteren Karte der Reichsautobahnen von 1941 geht dann hervor, daß die Linie auch in Richtung Westen über Fürstenberg hinaus unter Umfahrung des Randen in den Raum Basel fortgesetzt werden sollte. Zur Detailplanung der Strecke kam es jedoch nicht mehr.

Nach dem Kriege ließen es vordringlichere Aufgaben zunächst nicht zu, das Projekt einer durchgehenden Ost-West-Verbindung im Süden der Bundesrepublik Deutschland und damit des Landes Baden-Württemberg wieder aufzugreifen. Unabhängig davon war jedoch die Notwendigkeit einer dritten Ost-West-Autobahn zur Verbindung der drei Nord-Süd-Autobahnen A 5, A 81, A 7/A 96 und zur Ergänzung des unvollständigen baden-württembergischen Autobahnrasters ebenso unbestritten wie überhaupt die Notwendigkeit einer durchgehenden Autobahnverbindung an der Südgrenze der Bundesrepublik Deutschland vom Oberrhein über Singen, Lindau und Kempten bis zum Anschluß an die Autobahn München – Salzburg.
Dazu kam schon damals, wie ja auch heute immer noch, daß die bestehende ufernahe B 31 mit ihrer Kette von Ortsdurchfahrten nicht in der Lage war und ist, das Verkehrsaufkommen zu bewältigen. Aus dieser Situation ergaben sich bereits Anfang der 60iger Jahre für die Bewohner der Bodenseegemeinden unvertretbare Eingriffe in Gesundheit und privaten Lebensbereich. Umso unbegreiflicher ist es, daß nunmehr, 25 Jahre nach Beginn der Planung, das Projekt einer durchgehenden Autobahn von Singen nach Lindau endgültig aufgegeben wurde.

Im Ausbauplan für die Bundesfernstraßen von Febr. 1957 war die Bodenseeautobahn nicht enthalten. Doch bereits im "3. Vierjahresplan für den Ausbau der Bundesfernstraßen in den Rechnungsjahren 1967 – 1970" ist die Strecke aufgenommen und zwar auf ihrer ganze Länge von Basel über Waldshut – Singen (unter Umfahrung des Kantons Schaffhausen) – Stockach – Esseratsweiler (AK mit der Strecke Ulm – Lindau) – Kempten – Murnau – Bad Tölz bis Irschenberg (Anschluß an Strecke München – Salzburg).

Auch im Generalverkehrsplan des Landes Baden-Württemberg von 1965 ist die Gesamtstrecke vorgesehen, allerdings nicht mit einer Umfahrung des Randen, vielmehr ist hier im Bereich Waldshut – Singen eine Linienführung über das Gebiet des Schweizer Kantons Schaffhausen eingetragen. Für die Realisierung des Projekts wurde die Zeit ab 1970 genannt.

Im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen vom 30.01.1970 ist die Gesamtstrecke als A 22 enthalten, allerdings ist keine Umfahrung des Randen mehr vorgesehen, vielmehr sollte nun die Linie im Bereich Waldshut – Singen durch den Jestetter Zipfel führen und bei Benken im Kanton Zürich (5 km südostwärts von Schaffhausen) an die Strecke Singen – Zürich anschließen. Der Bau der gesamten Strecke an der Südgrenze der Bundesrepublik Deutschland war auf alle 3 Dringlichkeitsstufen I – III verteilt, die Teilstrecke Singen – Lindau war zwischen Singen und Überlingen in Dringlichkeit I, zwischen Überlingen und Esseratsweiler in Dringlichkeit II eingereiht.

Die Fortschreibung des Bedarfsplans von 1975 sieht nach wie vor den Bau der Gesamtstrecke zwischen Basel und Irschenberg in den nunmehr neu geschaffenen Dringlichkeiten I a, I b und "möglicher weiterer Bedarf" vor, im Bereich Singen – Esseratsweiler erscheint als neue Version die "längsgeteilte Dringlichkeit", d.h. die Autobahn sollte zwischen Singen und Überlingen einbahnig in Dringlichkeit I a, zwischen Überlingen und Markdorf (B 33) einbahnig in Dringlichkeit I b und schließlich zwischen Markdorf und Esseratsweiler zweibahnig in Dringlichkeit I b gebaut werden.

In der 2. Fortschreibung des Bedarfsplanes von 1980 (2. FstrAbÄndG vom 25.08.1980) kommt dann der entscheidene Sinneswandel zum Ausdruck: Die A 98 von Stockach nach Wangen im Allgäu (Esseratsweiler) ist nicht mehr im Plan enthalten, sie erscheint nur noch in der "Legende" als "Aufdruckstrecke". Der jahrelange Widerstand der Kräfte, die vordringlich den Bau einer neuen B 31 am Bodenseeufer favorisierten und die Entscheidung des Verkehrsausschusses des Deutschen Bundestags (Abgeordneter Bindig, SPD) hatten letztendlich zu dieser Lösung geführt.

Doch nun zur Planungsgeschichte:
Nicht das Autobahnamt, sondern das Regierungspräsidium Südbaden erhielt 1960 vom Innenministerium Baden-Württemberg die Weisung, eine Verkehrsuntersuchung über eine "Verbindungsstraße Raum Freiburg/Basel – Bodensee" durchzuführen. Die Straßenbauabteilung des Regierungspräsidiums Südbaden beauftragte daraufhin im Jan. 1961 Prof. Karl-Heinz Schaechterle, Ulm, mit dieser Verkehrsuntersuchung, deren Zweck es war, die zweckmäßigste Führung einer "übergeordneten und großräumigen Fernverkehrsverbindung West-Ost in den südlichsten Teilen der Bundesrepublik, teilweise in unmittelbarer Grenznähe zu den südlichen Nachbarländern Schweiz und Österreich" zu finden.

Im Bereich des Bodensees waren vom Gutachter zwei Trassenvorschläge des Regierungspräsidiums zu überprüfen, wobei die eine verhältnismäßig seenah, die andere stärker vom Bodensee abgesetzt im nördlichen Hinterland verlaufen sollte. Die nördliche Variante führte, von Stockach kommend an Winterspüren vorbei durch das Billafinger Tal, verlief südlich von Lippertsreute, umging den Bereich Salem in Norden und führte weiter in Richtung Bermatingen. Im weiteren Verlauf wird Markdorf im Süden umfahren, anschließend stimmt die Trasse mit den bis vor kurzem aktuellen Vorschlägen bzw. mit der gemäß § 16 FStrG bestimmten Linie überein.
Die südliche Variante sollte durch das Nesselwanger Tal verlaufen, dann unmittelbar nördlich des Neuweihers vorbeiführen und danach – abweichend von den späteren Planungen – den Tüfinger Wald im Süden zwischen Mühlhofen und Oberuhldingen umgehen. Weiter verlief die Trasse südlich von Grasbeuren und von Ahausen, um bei Bermatingen in die vorbeschriebene nördliche Trasse einzumünden.
Hieraus ist klar ersichtlich, daß auch schon Anfang der 60er Jahre die sog. seeferne Variante nicht soweit nördlich verlief, wie in späteren Jahren immer wieder gefordert wurde.

Schaechterle legte sein Gutachten 1964 vor. Darin wurde empfohlen, der seenahen Führung der Autobahn den Vorzug zu geben, weil nur so eine optimale Entlastung der bestehenden Uferstraße (B 31) einschließlich der Ortsdurchfahrten erreicht werden und ein sonst notwendiger Ausbau der Uferstraße auf 4 Fahrspuren entfallen kann. Das Gutachten schließt mit dem Satz: "Die Studien über den voraussichtlichen Bautermin einer West-Ost-Schnellverkehrsstraße Schwarzwald – Bodensee haben ergeben, daß bis zum Jahre 1972 diese Fernverkehrsverbindung in den Verkehr kommen sollte. In diesem Falle läßt sich der wirtschaftlich nicht vertretbare zusätzliche Ausbau von zahlreichen klassifizierten Hauptverkehrsstraßen im Untersuchungsgebiet vermeiden."
Genau dies ist aber mittlerweile (1985) eingetroffen!

Die vom Regierungspräsidium Südbaden ausgearbeiteten Pläne wurden dem Autobahnamt am 14.03.1965 in Freiburg übergeben. Das Regierungspräsidium (Simon) erläuterte hierzu, daß auch aufgrund dieser Untersuchungen zwischen Stockach und Überlingen nur eine Linienführung durch das Nesselwanger Tal möglich sei. Die von der Planungsgemeinschaft Westlicher Bodensee – Linzgau – Hegau vorgeschlagene Trasse durch das Tal der Stockacher Aach sei nicht zu verwirklichen. Ab Überlingen sprach sich das RP gegen die von der Planungsgemeinschaft vertretene seeferne Trasse und für die von Prof. Schaechterle in seinen Verkehrsgutachten von 1964 untersuchte seenahe Trasse aus.

An dieser Stelle sei auch erwähnt, daß das RP schon damals vom Innenministerium beauftragt worden war, den Entwurf für den Bau einer Fahrbahn der künftigen Autobahn zwischen Stockach und Bonndorf als vorläufige Entlastungsstraße für die B 31 aufzustellen.

Am 10.05.1966 trat der Kreistag des Landkreises Überlingen zusammen, um sich "in Erkenntnis der großen Bedeutung und der Folgen, welcher die Führung einer Autobahn quer durch den ganzen Landkreis für die Zukunft besitzt, eingehend und grundsätzlich mit dieser Straßenplanung zu befassen". Der Kreistag faßte folgende Entschließung:
"In die Pläne der Straßenbauverwaltung unseres Landes Baden-Württemberg ist die Autobahn München – Bodensee – Hochrhein/Freiburg aufgenommen worden und deren Bau für die Jahre nach 1970 vorgesehen. Nachdem ursprünglich die Linienführung, den Anregungen der Planungsgemeinschaft Westlicher Bodensee folgend, bei der Durchquerung unseres Landkreises von Stockach im Tal über Winterspüren – Billafingen – Owingen – durch die Ebene des Salemer Tales Richtung Markdorf folgte, sieht die neuere Planung in unserem Raume eine Variante mit der Linienführung Stockach – Bonndorfer Tal – Oberuhldingen mit Anbindung der B 31 – weiter am Südrand des Salerner Tales vor. Dieser Variante ist der Name "Seenahe Trasse" gegeben worden, der usprünglichen Linienführung der unzutreffende Name "Seeferne Trasse". Gestützt auf ein Gutachten von Prof. Schaechterle, Ulm, gibt die staatl. Straßenbauverwaltung der sog. seenahen Trasse den Vorzug mit der Begründung, die seenahe Trasse nehme den Verkehr leichter an und entlaste die B 31 mehr."
Die Resolution, in der auf die verschiedenen Gründe für die Forderung auf eine "Freihaltung einer erweiterten Uferzone von wenigstens 6 – 8 km" eingegangen wird, schließt mit den Worten:
"Aus all diesen Gründen fordert der Kreistag des Landkreises Überlingen, die weiteren Planungen der sog. seenahen Trasse einzustellen und der ursprünglich vorgesehenen Linienführung den Vorzug zu geben." Unterzeichnet ist die Entschließung vom damaligen Landrat Schiess (später Innenminister im Kabinett Filbinger).

Damit hatte die 20 Jahre dauernde Diskussion um die Frage seenah – seefern, bzw. Führung durch das Nesselwanger oder durch das Billafinger Tal ihren Anfang genommen.

Zwei Monate vorher war das ABA mit Erlaß des Innenministeriums vom 02.03.1966 angewiesen worden, generelle Planungen für die Strecke Schaffhausen – Lindau anzustellen, wobei sowohl die seenahe wie auch die seeferne Trasse zu untersuchen waren.
Diese Planungen (Wilhelm-Kästner, Horvat, Vogler, Klaus Fischer) standen von vorneherein unter Zeitdruck, so daß der generelle Vorentwurf bereits am 18.12.1967 vorgelegt werden konnte. Insgesamt wurden 6 Varianten untersucht (Lagepläne 1:25.000, Höhepläne 1:10.000:1.000), wobei die vorhandene Bebauung, die Erholungsgebiete, die Moor-, Landschaftsschutz- und Naturschutzgebiete sowie die Wasserschutzgebiete zu berücksichtigen waren. Vom Zwangspunkt Schlatter Kreuz (später Autobahnkreuz Singen) führt die Trasse bis südlich Stockach, dort erfolgt die Abzweigung der Trassen II und IV an Winterspüren, Mahlspüren und Seelfingen vorbei ins Billafinger Tal. Die Trassen I und III gingen durch das Nesselwanger Tal. Weiter verlaufen die verschiedenen Trassen in dem Bereich zwischen einer seefernsten Trasse nördlich Salem und Lösungen, die den Tüfinger Wald bei Salem im Süden umgehen. Südlich von Markdorf kommen alle Varianten wieder zusammen, die Trasse führt dann nördlich von Kluftern, von Oberraderach, von Ailingen und von Hirschlatt um Friedrichshafen herum, durchquert den Tettnanger Wald, überbrückt die Argen bei Apflau, um dann südlich des Argentals das geplante Autobahnkreuz Esseratsweiler zu erreichen. Die Varianten wurden einander gegenübergestellt, vom Autobahnamt wurde die Trasse I vorgeschlagen, die ungefähr der vom Regierungspräsidium generell entworfenen und der Verkehrsuntersuchung Schaechterle zugrunde gelegten seenahen Linie entsprach.

Am 04.04.1967 fand wiederum im Landratsamt Überlingen eine Besprechung statt, zu der unter Vorsitz des Freiburger Regierungspräsidenten Anton Dichtel die Straßenbauabteilung des RP, das ABA, die Planungsgemeinschaft, die Landkreises Stockach und Überlingen sowie die Stadt Überlingen geladen waren. Dabei sprachen sich die Teilnehmer – außer RP und ABA – für die seeferne Trasse aus.

Als nächstes übergab die Planungsgemeinschaft Westlicher Bodensee – Linzgau – Hegau (Dr. Zengerling) am 11.01.1968 eine Stellungnahme über den Ausbau des Verkehrsnetzes am Überlinger See mit folgenden Forderungen:

Zu einem von der Planungsgemeinschaft geforderten "Orientierungs- und Koordinierungsgespräch" wurde vom Innenministerium auf den 05.02.1968 im Landratsamt Überlingen einberufen. Teilnehmer waren außer der Planungsgemeinschaft die Landkreise sowie die beteiligten Städte und Gemeinden. Bei dieser Besprechung wurde das RP Südbaden angewiesen, Prof. Schaechterle mit einer ergänzenden Verkehrsuntersuchung zu seinem Gutachten von 1964 zu beauftragen. Schaechterle erhielt den Auftrag am 24.02.1968. Aufgabe der Untersuchung war die Führung der Autobahn und der B 31 im Raum Stockach – Überlingen – Meersburg. Am 16.09.1968 wurde der Auftrag für Schaechterle erweitert und mit Schreiben vom 05.05.1969 teilte das RP dem ABA mit, daß das Ergebnis der ergänzenden Verkehrsuntersuchung ("Führung der Autobahn und B 31, Raum Stockach – Überlingen – Meersburg, 1969") der beratenden Ingenieure Schaechterle/Holdschuer nunmehr vorliege. In einer vom Innenministerium am 22.07.1969 im Landratsamt Überlingen veranstalteten Sitzung wurde das Gutachten vorgestellt. Ergebnis war, die AB – entsprechend dem im Gutachten erneut vorgeschlagenen Trassenverlauf – vom AK Schlatt aus südlich von Stockach und dann durch das Nesselwanger Tal zu führen, weil eine vom See weiter entfernt geführte Autobahn die B 31 am Ufer nicht im erwünschten Maße entlasten (25% weniger) und weil bei einer Führung der AB im Nesselwanger Tal der zusätzliche Aufwand für eine neue B 31 entfallen könnte. Mit Erlaß vom 01.09.1969 erteilte dann das IM dem ABA den Planungsauftrag für die BAB Singen – Lindau in Überlingen (Planung: Otto Wahl, Klaus Fischer).

Zu diesem Zeitpunkt war nun bereits 10 Jahre lang geplant worden. Das Dokumentationsmaterial für die nächsten 15 Jahre Planung ist so umfangreich, daß auf eine detaillierte Darstellung verzichtet werden muß, sie würde ins Uferlose führen. Es kann deshalb im weiteren nur noch in Stichworten berichtet werden.

21.10.1969

Stadt Überlingen weist darauf hin, daß Trassierung der BAB im Nesselwanger Tal mit Rücksicht auf den Entwicklungsraum der Stadt nicht hingenommen werden könne.

11.02.1970

Linienbestimmung des BMV für Teilstrecke München – Lindau auf bayerischem Gebiet gem. § 16 FStrG einschließlich AK Esseratsweiler.

24.06.1970

Stadt Überlingen wendet sich gegen Zurückstellung der Teilstrecke Singen – Überlingen.

29.07.1970

Innenminister Krause teilt der Stadt mit, daß Singen – Überlingen gleichzeitig mit durchgehender BAB Stuttgart – Singen fertiggestellt werde.

Juli 1970

Interessengemeinschaft Nordtrasse (5 Gemeinden im Raum Tettnang) wünscht Verschiebung des AK Esseratsweiler nach Niederwangen. Ing.-Büro Kilpper schlägt i.A. des Landkreises Tettnang Linienführung vor nordostwärts von Tettnang mit 3 km langen Tunnel. Von IM abgelehnt.

19.08.1970

Vom ABA geplante Linie wird mit Behörden des Reg.-Bezirks Südbaden besprochen. Landrat Schieß hält nördliche Führung im Bereich Überlingen für besser, erhebt aber keine Einwendungen mehr. Landkreise Überlingen, Konstanz und Stockach stimmen zu. Forstdirektion Südbaden erhebt keine grundsätzlichen Einwendungen.
Markgräflich Bad. Forstamt Salem hält ebenfalls Nordumfahrung Salem für besser, erklärt aber Trasse des ABA "in forstwirtschaftlicher Hinsicht erträglich". BLHV einverstanden mit Trasse auf badischem Gebiet. Planungsgemeinschaft stimmt Führung im Nesselwanger Tal zu.
Vom ABA wurde hinsichtlich der Linienführung folgendes vorgetragen:
"Die vorliegende BAB-Trasse ist das Ergebnis zahlreicher Untersuchungen, die aufgrund der konträren Belange des Verkehrs, der Land- und Forstwirtschaft, der Wasserwirtschaft, der Erholungsraumplanung sowie des Natur- und Landschaftsschutzes durchgeführt werden mußten. Hinzu kommen die besonderen Verkehrsverhältnisse im Bodenseeraum, die einen Anteil des Ziel- und Quellverkehrs von rd. 56%, des Regional- und Binnenverkehrs von rd. 32%, und des Durchgangs- und Fernverkehrs von nur rd. 12% aufzeigen.
Aufgrund dieser Gegebenheiten mußte eine Trassenführung gewählt werden, die einerseits durch eine nicht zu seeferne Führung eine Entlastung der Uferzone vom Durchgangs- und Fernverkehr und von einem Großteil des Ziel- und Quellverkehrs ermöglicht, andererseits die Erholungslandschaft der Uferzone verschont. Dieser Gesichtspunkt hat auch bei der Auswahl der Anschlußpunkte an das Straßennetz Berücksichtigung gefunden."
Weiterhin wurde bei diesem Termin ausgeführt, daß eine nördlich Salem verlaufende Trassenführung untersucht wurde. Diese Alternative erfordert jedoch eine Mehrlänge von 1,5 km, eine verlorene Steigung von 33 m, größere Erdbewegungen sowie verkehrliche Nachteile.

20.08.1970

Behördenbesprechung auf der Ebene des Reg.-Bezirks Südwürttemberg – Hohenzollern in Tettnang. Ergebnis:
Landesplanung lehnt Durchschneidung des Verdichtungsraumes Friedrichshafen ab, verlangt Trasse nördlich Tettnang. Empfiehlt ungefähr Linienzug der B 32. Landwirtschaft wünscht Linie der Interessengemeinschaft Nordtrasse. Naturschutz lehnt Durchschneidung des Tettnanger Waldes ab, ebenso Beeinträchtigung des Argentales.
Forstdirektion Tübingen wünscht nördlich Trassenführung. Planungsgemeinschaft östlicher Bodensee-Allgäu (Dr. Münch) ist für Südtrasse, ebenso Landratsamt Wangen, Stadt Friedrichshafen und Stadt Tettnang.

20.10.1970

Behördenbesprechung in Überlingen über Linienführung bei Markdorf.

28.10.1970

Besprechung in Überlingen mit betroffenen Gemeinden im Raum Friedrichshafen. Ergebnis: Friedrichshafen, Kluftern, Riedheim, Oberraderach, Oberteuringen, Bermatingen, Markdorf und Ittendorf geben generelle Zustimmung zur geplanten Trasse.

19.05.1971

Besprechung im IM. Ergebnis:
Im Bereich Überlingen ist an seenaher Führung (Bonndorfer-Nesselwanger Tal) festzuhalten.

21.06.1971

Besprechung im IM mit RP SWH, Landesplanung, Naturschutz. Ergebnis:
Im Bereich Tettnang muß es bei der Südtrasse verbleiben. Dementsprechend

15.07.1971

Erlaß des IM an ABA: Linienführung südlich Tettnang ist weiter zu verfolgen.

16.12.1971

Behördenbesprechung auf Ebene Landkreis Stockach: Keine Probleme

Mai 1972

Stadtrat Hermann Schmid von der "Interessengemeinschaft Bonndorf-Nesselwangen-Hödingen" sammelt 4000 Unterschriften für Trasse im oberen Linzgau, 15 km vom See entfernt.

21.06.1972

Besprechung im Stadtrat von Überlingen. Ergebnis:
Amtliche Trasse in Bonndorfer-Nesselwanger Tal wird abgelehnt. Verlangt wird Führung durch oberen Linzgau, nördlich Billafingen, Owingen und Lippertsreute.

03.07.1972

Behördenbesprechung auf Ebene Landkreis Überlingen. Ergebnis:
Ablehnung der Planung durch Bonndorf, Nesselwangen, Hödingen und Überlingen. Es wird Planung der nördlichen Variante gefordert. Forstamt Salem wünscht nördliche Umfahrung von Salem. "Arbeitsgemeinschaft gegen eine seenahe BAB Raum Überlingen" (Schmid) fordert seeferne Linie.
Im Anschluß daran gründet der aus Bamberg gebürtige, in Überlingen wohnhafte Textilfabrikant Dr. Erich Häussermann seine "Aktionsgemeinschaft für eine sinnvolle und erträgliche Autobahntrassierung in der nördlichen Bodenseelandschaft". Von da ab führt Häussermann einen 5 Jahre langen endlosen Schriftverkehr mit Bund und Land gegen eine seenahe Autobahn, die dem "Transitverkehr Iberische Halbinsel – Balkan" dienen würde.
Andererseits in Stockach durch "Aktionsgemeinschaft Autobahn 75" Sammlung von 9000 Unterschriften pro Autobahn.

18.10.1972

Autobahnamt legt Studie über 4 Varianten vor, nämlich:

  • amtliche Trasse (schwarz) Stockach – Bonndorfer-Nesselwanger Tal – Brachreute südlich umfahren – südlich Owingen – Tüfinger Wald – südlich Salem und Mimmenhausen.
  • Variante I (rot) Stockach – nördlich Winterspüren – südlich Deutwang – südlich Liggersdorf – südlich Herdwangen und Taisersdorf – ostwärts Lippertsreute – Tüfinger Wald.
  • Variante II (grün) Stockach – nördlich Seelfingen – nördlich Billafingen – südlich Taisersdorf-Einschwenken auf die Variante rot.
  • Variante III (blau) Stockach – südlich Bonndorf – dann aber Überquerung des Höhenrückens zwischen Nesselwanger und Billafinger Tal – überqueren des Billafinger Tals – nördlich Owingen (mit Tunnel) – ostwärts Bambergen-Einschwenken auf die schwarze Linie.

Während Überlingen mit Schreiben vom 20.11.1972 an Minister Dr. Eberle die blaue Variante begrüßte, bestand aber das Autobahnamt auf der amtlichen Trasse. Gründe hierfür: Größere Attraktivität, bessere Verknüpfung mit nachgeordnetem Straßennetz, Bündelung des Verkehrs der Uferzone auf Autobahn, höchster verkehrswirtschaftlicher Nutzen, geringste Baukosten und Betriebskosten, geringste verlorene Steigung, geringste Flächeninanspruchnahme.

Nov. 1972

Überlingen fordert blaue Trasse. Owingen dagegen kündigt an: "Mit allen Mitteln gegen blaue Trasse". Salem fordert erneut nördliche Umfahrung des Ortes (Plössl-Trasse).

28.02.1973

Besprechung in Neufrach wegen Umfahrung Salem. Markgräfl. Bad. Verwaltung und Gemeinde Salem sind für nördliche Umfahrung, BLHV für südliche Umfahrung. ABA gegen nördliche Linie, weil 1,5 km Mehrlänge, höhere Bau- und Betriebskosten, Zerschneidung landwirtschaftlicher Flächen, 50 m verlorene Steigung usw.

Febr. 1973

ABA arbeitet Variante aus mit Unterquerung des Flugplatzes Friedrichshafen-Löwental mit 700 m langen Tunnel.

April 1973

SPD lehnt seenahe Trasse im Raum Überlingen ab.

16.04.1973

Bereisung Stockach – Überlingen durch Innenminister Schieß und Wirtschaftsminister Dr. Eberle. Führung der AB nach wie vor heftig umstritten. Auf Wunsch der Aktionsgemeinschaft von Dr. Häussermann wurde vom ABA eine weitere Trassenvariante ausgearbeitet und in einem Bereisungsheft zusammen mit den Varianten vom 18.10.1972 vorgestellt. Verlauf dieser Variante: Beim AK Schlatt bei Volkertshausen abzweigend – nördlich Stockach – Aachtalüberquerung südlichen Zizenhausen – Deutwang – Liggersdorf – Herdwangen – Taisersdorf – südlich Frickingen – nördlich Stefansfeld – nördlich Neufrach – Bermatingen – dann Einschwenken auf amtliche Trasse.

03.07.1973

Behördenbesprechung für den Landkreis Ravensburg in Wangen. Keine grundsätzlichen Einwendungen. Natur- und Landschaftsschutz wünscht Verbesserungen der Linienführung im weiteren Bereich der Argen.

11.07.1973

Behördenbesprechung in Tettnang für Bereich des früheren Landkreises Tettnang, jetzt östlicher Teil des Bodenseekreises (Markdorf – Achberg). Forstdirektion Tübingen lehnt Führung durch Tettnanger Wald und Argental ab.

Sept. 1973

ABA legt ergänzende Untersuchung für engeren Bereich Überlingen – Brachreute – Owingen vor. Folgende Varianten werden behandelt:

  • Amtliche Trasse mit Führung in Einschnitt südlich Brachreute.
  • Variante I mit Tunnel L = 2610 m in offener Bauweise südlich Brachreute
  • Variante II mit Tunnel L = 2620 m in bergmännischer Bauweise nördlich Brachreute
  • Variante IV mit Tunnel L = 2610 m nördlich Brachreute und Höllwangen
  • Variante V mit Tunnel L = 1950 m nördlich Brachreute, Höllwangen und Hohenlinden
  • Variante III kein Tunnel, Führung südlich Brachreute, jedoch weiter nach Süden abgerückte Trasse
  • blaue Variante modifiziert mit 3 bergmännischen Tunneln mit zusammen 2570 m Länge.

Ergebnis: Praktikabel sind nur Varianten I und II.

05.10.1973

WM stellt dem Staatsministerium die möglichen Varianten vor und bittet Ministerrat um Zustimmung zur amtlichen Trasse.

10.10.1973

Landesregierung spricht sich für seenahe Trasse aus mit 2,5 km langem Tunnel bei Brachreute.

12.11.1973

Informationsgespräch von Minister Dr. Eberle in Überlingen: Tunnel Brachreute wird zugesagt, Überlingen lehnt trotzdem ab.

Nov. 1973

Gründung des "Arbeitskreises für Heimat und Umwelt Überlingen", (gegen Autobahn). Dr. Häussermann benennt seine Aktionsgemeinschaft um in "Aktionsgemeinschaft für die realisierbare Autobahntrasse in der nördlichen Bodenseelandschaft".

18.02.1974

Öffentliche Sitzung des Kreistages des Bodenseekreises in Salem – Neufrach. Kreistag spricht sich mit überwiegender Mehrheit für Realisierung der amtlichen Trasse aus.

23.04.1974

Ministerrat stimmt der amtlichen Trasse im Bereich Überlingen (Bonndorfer Nesselwanger Tal) zu. Überlinger Gemeinderat beschließt einstimmig, gegen den Plan verwaltungsgerichtlich vorzugehen.

April 1974

Gemeinde Bermatingen fordert Verschiebung der Trasse auf die Südseite des Teilorts Ahausen.

15.08.1974

Autobahnamt beantragt Linienbestimmung gem. § 16 Abs. 2 FStrG für die A 22 (heute A 98) im Abschnitt Autobahnkreuz Singen bis ostwärts Autobahnkreuz Wangen bei Esseratsweiler.

Aug. 1974

Prof. Buchwald, TU Hannover, legt Bodensee-Landschafts-Rahmen-Plan vor. Empfiehlt seeferne Trasse.

21.01.1975

In Überlingen Besprechung BMV, WM, Stadt Überlingen, Autobahnamt: Überlingen würde gegen blaue Linie keine Einwände erheben. Aktionsgemeinschaft Häussermann lehnt ab.

18.03.1975

Autobahnamt legt RE-Vorentwurf mit Abschnitt Singen – Stockach vor.

22.04.1975

Linienbestimmung für Singen – Lindau durch BMV gem. § 16 FStrG.

24.06.1975

Markgräfl. Bad. Forstamt Salem, Arbeitskreis Heimat und Umwelt, stellen Autobahn in Frage. Sie verlangen Nutzen-Kosten-Analyse und sprechen sich aus für Ausbau der bestehenden Verkehrswege.

26.06.1975

Sipplingen fordert Verwirklichung der amtlichen Trasse.

04.08.1975

Auf Weisung des WM Trassenbegehung des Autobahnamtes mit Häussermann. Ergebnis: Trasse im oberen Linzgau ist technisch machbar (aber sinnlos).

08.11.1975

Dr. Häussermann verlangt wiederum neue Variante mit Beginn nicht mehr im Autobahnkreuz Singen, sondern bereits bei AS Engen, danach Führung nördlich Stockach und durch den oberen Linzgau. "Warum Umweg über AK Singen?"

 

Während in den ersten 15 Jahren, also von 1960 bis 1975, darum gestritten wurde, ob die Autobahn seenah oder seefern zu führen sei, setzt ab 1975 ein "Umdenken" ein. Die Frage lautet nun: "Ist der Bau einer Autobahn im Zeichen des gesellschaftspolitisch begründeten Wandels der Zielvorgaben im Straßenbau weiterhin vertretbar?"
Gefordert wird dementsprechend, auf eine Autobahn zu verzichten und statt dessen eine "leistungsfähige Verbindung" zu bauen, man spricht von der "B 31 neu".

Dez. 1975

SPD fordert Ausbau der L 228 im Bonndorfer – Nesselwanger – Tal als B 31.

04.02.1976

Besprechung des Abgeord. Späth mit Arbeitskreis Heimat und Umwelt in Markdorf: B 31 auf L 228 verlegen, bei Überlingen wieder auf jetzige B 31 einschwenken. Meersburg, Friedrichshafen, Hagnau, Kressbronn mit B 31 umfahren.

April 1976

Prof. Dr. Hemmerich, Universität Konstanz, erklärt zu seefernen Trasse von Dr. Häussermann: "Fast Jedermann sieht inzwischen ein, daß die Trasse im Hinterland bestenfalls tollwütigen Füchsen zum Verkehr dienen könnte". Er fordert daher Verzicht auf Autobahn und stattdessen zweispurige Norduferstraße.

04.08.1976

Autobahnamt beantragt Einleitung des Planfeststellungsverfahrens für Abschnitt Singen – Stockach, Teil I, und am

05.10.1976

für Teil II.

02.12.1976

Planerörterungstermin für Singen-Stockach I in Singen.

17.12.1976

Kreistagssitzung des Bodenseekreises mit Ministern Dr. Eberle und Schieß: A 98 nicht von Westen, sondern von Osten her bauen.

17.01.1977

Dr. Häussermann in Überlingen gestorben.

08.02.1977

Besprechung mit Überlingen. Forderung der Stadt: A 98 muß in Stockach enden. Von da ab Weiterführung als 2spurige B 31 neu.

09.03.1977

Planerörterungstermin für Singen-Stockach II in Singen.

April 1977

Kosten-Nutzen-Analyse für Singen-Lindau durch Ing.-Büro Dr. Bender und Stahl, Ludwigsburg. Ergebnis: Amtlicher Trasse ist eindeutig der Vorzug zu geben.

25.07.1977

Planfeststellungsbeschluß für Abschnitt Singen-Stockach, Teil I, und am

21.10.1977

für Teil II.

30.11.1977

Gründung des "Arbeitskreises Autobahn" (Contra) in Überlingen.

08.03.1978

Besprechung mit Gemeinde Achberg wegen Änderung der Linienführung im Bereich Siberatsweiler, Streckenabschnitt Tettnang – Esseratsweiler.

13.04.1978

In Überlingen unter Teilnahme des Autobahnamtes Information der Bürgerschaft als Vorbereitung für Bürgerentscheid über Autobahn.

23.04.1978

Bürgerentscheid in Überlingen gem. § 21 Gemeindeordnung. Wahlbeteiligung 53%. 5033 Stimmen (70%) gegen seenahe Autobahn.

18.08.1978

Minister Dr. Eberle sagt in Überlingen – außer Brachreute-Tunnel – auch Tunnel bei Nesselwangen mit 500 m Länge zu. Ablehnung der seenahen Trasse durch Gegner bleibt jedoch unverändert.
Minister Eberle erteilt Weisung, die Planfeststellungsunterlagen für Abschnitt Stockach – Überlingen auszuarbeiten.

12.12.1978

CDU-Fraktionsvorsitzender im Landtag, Erwin Teufel, zur Bodenseeautobahn: "Den Verkehrsplanern der letzten 1 ½ Jahrzehnte ist der Vorwurf mangelnder Voraussicht nicht zu ersparen."

16.11.1978

Geologisches Landamt legt geologisches Vorgutachten für Streckenabschnitt Stockach – Überlingen vor.

Dez. 1978

ABA erteilt Ing.-Büro Auftrag für Ausarbeitung der Planfeststellungsunterlagen für Stockach – Überlingen mit dem Ziel, Planfeststellungsverfahren Ende 1979 einzuleiten.

21.02.1979

Alpeninstitut für Umweltforschung, München: "A 98 ist eine der wenigen Autobahnen, die entschieden mehr Erholungslandschaft rettet als sie selbst verbraucht".

16.03.1979

"Aktionsgemeinschaft A 98" (pro) wird gegründet. Durch Mitgliedschaft setzen sich für A 98 ein: Landkreise Konstanz und Bodenseekreis, 19 von 23 Gemeinden des Bodenseekreises, Regionalverband Bodensee-Oberschwaben, Bad. landw. Hauptverband (BLHV), Bauernverband Südwürttemberg u.a.

17.06.1979

Ökumenischer Feldgottesdienst in Esseratsweiler gegen die A 98: "Die Kirche hat die Aufgabe, Mund der Wehrlosen, Geschundenen und Ausgebeuteten zu sein."

Juli 1979

Prof. Dr. Leibbrand legt im Auftrag des Autobahnamtes erstellte "Verkehrsuntersuchung im Raume Konstanz-Singen-Schaffhausen" vor.

15./19.
10.1979

BMV bekundet Sinneswandel in Fernschreiben an WM. Die seeferne Trasse ist weiterer Planung zugrunde zu legen. Fernschreiben: "Es wird deshalb erforderlich sein, die Planung für den Bereich zwischen Stockach-Ost und Überlingen nochmals zu überarbeiten".

30.11.1979

Andererseits: In Besprechung zwischen Bundesverkehrsminister Gscheidle und Minister Dr. Eberle Einvernehmen, daß das Land gemäß der nach § 16 FStrG bestimmten Linie den RE-Vorentwurf für Stockach-Überlingen vorlegt.

04.12.1979

ABA legt RE-Vorentwurf für Stockach-Überlingen mit seenaher Trasse gemäß Linienbestimmung vor.

19.12.1979

WM leitet diesen RE-Vorentwurf an BMV weiter.

Dez. 1979

Planfeststellungsunterlagen für Stockach-Überlingen sind einschließlich eines ökologischen Gutachtens fertiggestellt, die Weisung von Minister Dr. Eberle ist erfüllt.

29.02.1980

ABA legt RE-Vorentwurf für Tettnang-Esseratsweiler vor.

März 1980

Ing.-Büro Prof. Schaechterle/Holdschuer, Neu-Ulm, legt die im Auftrag des Autobahnamtes gefertigte "Verkehrsuntersuchung A 98 im Teilabschnitt Singen-Lindau" vor. Ergebnis: "Die Zweigleisigkeit
– Neu- und Ausbau der B 31 und
– Bau einer seeferneren Autobahn A 98
ist wegen der massiven Eingriffe in die Landschaft des gesamten Bodenseeraumes unvertretbar."
"Mit der vorliegenden Verkehrsuntersuchung konnte der Nachweis erbracht werden, daß eine umfassende, allen Zielvorgaben der Verkehrs-, Sieldungs-, Wirtschafts- und Umweltpolitik gerecht werdende Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur im Bodenseegebiet nur mit einer Bundesfernstraße auf der linienfestgestellten Trasse der A 98 zu erreichen ist. Der mit dieser großräumigen Straßennetzergänzung möglich werdende Verzicht auf weiteren Straßenbau verringert die Gefahr, daß im seeufernahen Bereich der weitreichende Durchgangs- und Fremdverkehr konzentriert bleibt."

03.03.1980

BMV teilt mit, daß RE-Vorentwurf Stockach-Überlingen nicht genehmigt werden kann, weil die Begründung für die Linienführung nicht ausreicht, um die Trasse zu beurteilen.

22.04.1980

Dementsprechend wird Autobahnamt angewiesen, "alle relevanten, ökonomischen und ökologischen Lösungen gegenüber zu stellen und dabei den umweltrelevanten Faktoren sowie den Auswirkungen der einzelnen Varianten auf die Entlastung der B 31 besondere Bedeutung beizumessen".

April 1980

Bedarfsplanüberprüfung (abgeschlossen durch 2. FstrAbÄndG vom 25.08.1980) verweist A 98 in die Legende (Vorbehaltsstrecke). Gleichzeitig wird neue B 31 zwischen Stockach und Überlingen in höchste Dringlichkeit aufgenommen. Abgeordneter Bindig (SPD) vom Verkehrsausschuß des Bundestages hält es für notwendig, daß "zwischen den drei großen Nord-Süd-Verbindungen in Baden-Württemberg eine leistungsfähige Querverbindung durch Oberschwaben geschaffen wird."

Mai 1980

"Bürgeraktion für den Weiterbau der A 98 auf der amtlichen Trasse", Sipplingen, fordert Intervention gegen Streichung der A 98 im Bedarfsplan.

22.09.1980

Beim RP Tübingen wird eine "Planungsgruppe B 31 neu" eingerichtet. Leiter: Herbert Stumpp. Diensitz: Neubauleitung Singen des Autobahnamtes. Aufgabe: Planung der B 31 neu zwischen Stockach und Überlingen.
Die weitere Arbeit dieser Planungsgruppe und die Widerstände auch gegen eine B 31 neu werden in dieser Dokumentation nicht beschrieben.

07.10.1980

WM beruft Lenkungsausschuß als interministerielle Kommission zur Begutachtung der Vorbehaltsstrecken. Vertreten sind im Ausschuß
- IM für die Belange der Raumordnung und der Landesplanung

- EM für die Belange des Umweltschutzes und der Ökologie
- RP Freiburg, RP Tübingen und Autobahnamt als planende Behörden.

16.10.1980

Erste Sitzung des Lenkungsausschusses für die A 98.

23.11.1980

FDP empfiehlt Bundesstraße als Autobahnersatz. Staatssekretär Ludwig vom Wirtschaftsministerium (seit 22.02.1978 im Amt) begrüßt diesen "Denkanstoß".

Nov. 1980

Autobahnamt legt "deutlich seefernere" Alternativtrasse vor. Verlauf: Stockach – südl. Mahlspüren – Billafinger Tal – nördlich Owingen – südlich Frickingen – nördl. Stefansfeld – Deggenhauser Tal (Roggenbeuren) – nördlich Meckenbeuren – Dietmannsweiler – AK Esseratsweiler.

10.02.1981

Kabinettsbeschluß: Der 4spurige Ausbau der B 31 ist nicht vertretbar und kann daher keine Alternative bei der Bewertung der verschiedenen möglichen Trassen sein.

04.06.1982

Verkehrübergabe des Abschnitts Singen – Stockach durch Minister Dr. Eberle: "Stockach darf nicht Endpunkt der A 98 sein, dies wäre ein historischer Unfug und das können wir nicht vertreten. Wir sind deshalb von seiten der Landesregierung der Auffassung, daß diese A 98 über Stockach hinaus bis Wangen als 4spurige Straßenverbindung weitergeführt werden muß."
"Die B 31 kann auf die Dauer diese Aufgabe nicht übernehmen. Eine zweispurige B 31 reicht verkehrlich nicht aus. Eine 4spurige B 31 wäre aber praktisch eine Autobahn am Seeufer und dies ist nicht akzeptabel."

24.08.1982

Lenkungsausschuß entscheidet, die vom ABA ausgearbeitete seeferne Trasse auszuscheiden. Gründe hierfür: Geringere Verkehrswirksamkeit als linienbestimmte Trasse, daher höhere verbleibende Belastung auf B 31, höhere Kosten, größerer Flächenverbrauch, längere Zubringer, raumordnerisch ungünstiger und ökologisch nicht günstiger. Mehraufwendungen stehen in keinem vertretbaren Verhältnis zum Verkehrswert.
BMV stimmt dieser Eliminierung der Alternative I aufgrund der Grobanalyse zu.

Dez. 1982

Prof. Schaechterle, Holdschuer, Dr. Kurzack legen im Auftrag des Autobahnamtes erstellte "Zusatzuntersuchung A 98 seeferne Trasse" vor. Zweck der Untersuchung: Ergänzung der Verkehrsuntersuchung von 1980 hinsichtlich der im Nov. 1980 vom Autobahnamt ausgearbeiteten seefernen Trasse. Ergebnis: Verkehrswirksamkeit wesentlich geringer als bei linienbestimmter Trasse.

20.06.1984

Ing.-Büro Heusch-Boesefeldt, Aachen, legt im Auftrag des Autobahnamtes erstellte Wirtschaftlichkeitsuntersuchung gem. RAS-W vor. Verglichen werden:
- einbahnige B 31 neu auf linienbestimmter Trasse der A 98 und
– zweibahnige A 98 auf linienbestimmter Trasse (Vollausbau).
Ausgegangen wird von Investitionskosten von 418 bzw. 644 Mio. DM. Ergebnis: A 98 bringt wesentlich besseres Nutzen-Kosten-Verhältnis (2,0) gegenüber B 31 neu auf Trasse der A 98 (1,5).

28.09.1984

EM legt ökologische Bewertung (Umweltverträglichkeitsprüfung) vor.
"Der Bewertung lag die linienbestimmte Trasse der A 98 mit den Alternativen eines Teil- (zweispurig) und eines Vollausbaus (vierspurig) zugrunde.
Gegen den Verlauf der Trasse in den Abschnitten A (Stockach-Höllwangen) und C (Salem-MarkdorF) bestehen sehr starke Bedenken, im Abschnitt D (Markdorf-Friedrichshafen) äußerst starke Bedenken. Die zu erwartenden Beeinträchtigungen in den Abschnitten B (Höllwangen-Salem), E und F (Friedrichshafen-Esseratsweiler Kreuz) sind so stark, daß der Trassenverlauf als nicht vertretbar abgelehnt wird.
Die mit dem Bau verbundenen Eingriffe in Natur und Landschaft, insbesondere im Raum Salem/Tüfinger Wald, Tettnanger Wald und im Argental, sind nicht ausgleichbar. Im gesamten Verlauf der Trasse wird die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts stark gemindert; Vorrangsbereich für Natur- und Landschaftsschutz sowie die ökologischen Ausgleichsfunktionen der regionalen Grünzüge werden in erheblichem Maße beeinträchtigt.
Eine Minimierung der Eingriffsfolgen auf Natur und Landschaft durch eine andere Trassenwahl im untersuchten Bereich ist aufgrund der naturräumlichen Verhältnisse kaum möglich. Problemfelder können allenfalls verlagert, in keinem Fall aber vermieden werden.
Aus ökologischer Sicht sind die negativen Folgewirkungen einer zweispurigen Straße auf Natur und Landschaft im Vergleich zu einem vierspurigen Ausbau nur unerheblich geringer. Bei einer Realisierung der A 98 ist vielmehr, insbesondere unter Berücksichtigung der Siedlungsstrukturen, des vorhandenen und geplanten Straßennetzes und der unterschiedlichsten Nutzungsansprüche die starke Zerschneidung der hochwertigen Landschaftsanlagen des nördlichen Bodenseeufers in ökologisch weniger und zum Teil kaum mehr wirksame Restflächen entscheidend. Das vorhandene Straßennetz ist bereits ohne die geplanten Ergänzungen von Landes- und Kreisstraßen sehr dicht. Die geplante A 98 verläuft nahezu parallel, oft nur in geringem Abstand zur B 31. Von daher ist verstärkt die Frage nachzugehen, ob das erwartete Verkehrsaufkommen durch den Ausbau von vorhandenen Straßen, insbesondere durch den Aus- und Neubau der B 31, bewältigt werden kann. Zugunsten größerer, in sich geschlossener Freiräume ist in diesem Zusammenhang auch die Bündelung und der Verzicht auf vorhandene Straßen zu prüfen".
"Eine derart negative Bewertung auch einer zweispurigen Straße auf der linienbestimmten Trasse der A 98macht den Verzicht auf dieses Projekt und die Rücknahme des diesbezüglichen Kabinettsbeschlusses zwingend erforderlich.
Um aber dennoch möglichst rasch zu einer Verbesserung der Verkehrsverhältnisse am Bodensee zu kommen, müssen sämtliche vorgesehenen Ortsumfahrungen im Zuge der B 31 so rasch wie möglich geplant, finanziert und fertiggestellt werden. Es ist unverzichtbar, die genannten Streckenabschnitte im Bundesverkehrswegeplan 1985 als vordringlichen Bedarf auszuweisen. Soweit irgend möglich, sollten sie im Rahmen des von 1986 bis 1990 laufenden Fünfjahresplan in Angriff genommen bzw. fertiggestellt werden".

Sept. 1984

Autobahnamt legt Beurteilung der Alternativen mit Hilfe des Kriterienkatalogs für den Bereich Verkehr vor.

Jan. 1985

Abschlußbericht der interministeriellen Straßenbaukommission (Lenkungsausschuß). Da die Alternative I, seeferne Trasse, bereits ausgeschieden wurde, werden nur noch zwei Alternativen gegenübergestellt, nämlich:
- Alternative II seenahe Trasse der A 98 gemäß Linienbestimmung vom 22.04.1975
– Alternative III zweispurige Straße auf Trasse der A 98.
Ergebnis: Aus der Sicht des Verkehrs wird Alternative II empfohlen, da mit ihr das Verkehrsbedürfnis in dieser Region am besten befriedigt werden kann. Darüber hinaus hat Alternative II das höchste Nutzen-Kosten-Verhältnis, die höchste Verkehrssicherheit.
Aus der Sicht der Raumordnung und des Städtebaus wird zwischen Stockach und Friedrichshafen Alternative III und zwischen Friedrichshafen und der A 96 eine Zusammenlegung mit der neuen B 31 vorgeschlagen. Der Nachteil, daß mit dieser Lösung die verkehrlichen Zielvorstellungen weniger gut befriedigt werden als mit der Alternative II, wird durch den wesentlich geringeren Flächenverbrauch der Alternative III ausgeglichen.
Aus ökologischer Sicht ist die Trasse der Alternative II unvertretbar. Entscheidend hierfür ist, daß in die drei ökologisch wertvollen Bereiche Salemer und Tettnanger Wald sowie Argental in nicht verantwortbarer Weise eingegriffen wird. Alternative III führt insgesamt zur gleichen Bewertung, da nach ökologischen Gesichtspunkten die Eingriffe nur zu einem geringen Umfang herabgemindert werden können.
Wenn allerdings der Vorschlag der Raumschaft, des Regionalverbandes und der Landesplanung berücksichtigt wird, die neue Straße ab Eriskirch mit der B 31 zusammenzulegen, bestehen nur noch wegen der Eingriffe beim Salemer Wald ganz erhebliche Bedenken. Insofern ist dieser Vorschlag anders zu bewerten. (Es handelt sich hierbei um eine vom ABA ausgearbeitete Variante, die A 98 nach Unterquerung des Flugplatzes FN-Löwental auf der Ostseite des Seewaldes zu führen und bei Eriskirch mit der B 31 zu verknüpfen. Dieser Vorschlag wurde jedoch im Lenkungsausschuß nicht weiter verfolgt).

29.04.1985

Der Ministerrat faßt entsprechend einer Empfehlung des Innenministeriums folgenden Beschluß:
"a) Der Ministerrat nimmt von der Empfehlung des Innenministeriums zustimmend Kenntnis, den Bedarf für eine zusätzliche, leistungsfähige Bundesfernstraße zwischen Stockach und Lindau über Stockach-Hohenlinden-Umgehung Markdorf-Raum Friedrichshafen zur B 31 bei Eriskirch aus heutiger Sicht zu bestätigen. Die Festlegung der Trasse, die die Abschnitte Stockach-Hohenlinden sowie die Umgehung Markdorf mit der B 31 bei Eriskirch verbinden soll, bleibt der weiteren Planung vorbehalten.
b) Bei der Fortschreibung des Bedarfsplans für den Ausbau der Bundesfernstraßen ist anzustreben, daß darin zweifelsfrei dargestellt wird, daß
- für die Verkehrsbeziehung Stockach – Lindau über Hohenlinden – Umgehung Markdorf – Raum Friedrichshafen zur B 31 bei Eriskirch ein Ausbaubedarf besteht,
- dem Neubau der B 31 im Bereich Ludwigshafen-Sipplingen-Hohenlinden und der Umgehung Markdorf (B 33) eine vorrangige Dringlichkeit eingeräumt wird, und
– für die Ortsumgehungen Friedrichshafen/West, Eriskirch und Kreßbronn weiterhin eine vorrangige Dringlichkeit sichergestellt wird".

Wie schon eingangs dieses Textes erwähnt, ist nun (1985), nach 25 Jahren ununterbrochener Planung, das Projekt einer durchgehenden Autobahn von Singen nach Lindau an der Südgrenze des Landes Baden-Württemberg zwar nicht formell und endgültig, zumindest aber für dieses Jahrhundert aufgegeben worden.

So wandern auch hier die Entwürfe zahlloser Varianten und Untervarianten, die vielen Gutachten, die Ergebnisse endloser Verhandlungen, die Berichte und Erlässe in die Aktenschränke, wo sie verstauben und der Vergessenheit anheimfallen werden. Die Verkehrsmisere am Bodensee aber wird bleiben.