Mensch und Natur profitieren von der Verlegung der A 4 bei Eisenach

Im Zuge des Verkehrsprojektes Deutsche Einheit (VDE) Nr. 15 wird der Streckenabschnitt der A 4 zwischen Herleshausen (Lgr. Hessen/Thüringen) und dem Hermsdorfer Kreuz (A 4/A9) auf 129,6 km Länge sechsstreifig aus- bzw. neu gebaut. Der überwiegende Teil dieser Maßnahme (94,1 km) wird vom Autobahnamt Thüringen realisiert. In der Zuständigkeit der DEGES, Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH, liegt der Neubau des Abschnitts Magdala-Jena-Göschwitz (11 km) sowie der 24,5 km lange Neubauabschnitt Eisenach/Hörselberge.

Die Bedeutung der A 4 als zentrale West-Ost-Verkehrsachse spiegelt sich in der Verkehrsbelastung wieder. Schon 1998 wurden im Bereich der Anschlußstelle (AS) Eisenach-West mehr als 41.000 Kfz innerhalb von 24 Stunden gezählt. Die Prognosen für das Jahr 2015 gehen von einer Belastung von 59.000 bis 70.000 Kfz/24 h bei einem Lkw-Anteil von rund 20% aus. Angesichts solcher Verkehrsmengen ist eine Erweiterung der A 4 von vier auf sechs Fahrstreifen zuzügl. Standstreifen unabdingbar. Außerdem müssen auch extreme, nach heutigem Regelwerk nicht mehr zulässige Steigungen bzw. Gefalle von ca. 6% in den Hörselbergen ausgeglichen werden, um das damit verbundene große Unfallrisiko und die hohen Schadstoffbelastungen zu mindern.


Heutiger Zustand der Autobahn im Bereich der Hörselberge

Planungsübersicht

 

Aug. 1996

Raumordnungsverfahren abgeschlossen

April 1998

Übertragung des Projektes vom Autobahnamt Thüringen an die DEGES

Febr. 2000

Linienbestimmung durch den Bundesminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen

Juli 2001

Einleitung Planfeststellungsverfahren

Anfang 2003

Voraussichtlicher Baubeginn

2005

Voraussichtliche Verkehrsfreigabe

Variantenvergleich: Suche nach der besten Lösung

Um die verkehrlich, raumordnerisch, städtebaulich, ökonomisch und ökologisch beste Lösung zu finden, wurden für den vorliegenden Streckenabschnitt Eisenach/Hörselberge mehrere Varianten untersucht und miteinander verglichen.

·        Die Nullvariante, d. h. die prinzipielle Beibehaltung der vorhandenen Situation, vierstreifig und z. T. ohne Standstreifen, scheidet angesichts der Bedeutung der A 4 und der schon vorhandenen bzw. prognostizierten Verkehrsbelastung aus.

·        Ein Ausbau ist aufgrund der städtebaulichen und topografischen Gegebenheiten nur bedingt möglich und brächte nicht die erwünschten Ergebnisse einer Reduzierung der Längsneigung. Zudem verursachte die Ausbauvariante erhebliche Beeinträchtigungen in dem zur Aufnahme in das Schutzgebietssystem „NATURA 2000" der EU vorgeschlagenen FFH-Gebiet „Hörselberge".

·        Die Variante einer Richtungstrennung - der Verkehr in Richtung Osten bleibt auf der bestehenden A4, für den Verkehr in Richtung Westen wird eine neue Trasse nördlich der vorhandenen gebaut, die die Hörselberge weiträumig umfährt - bewirkte nicht die erwünschte Entlastung für Eisenach und wäre letztendlich teurer als eine komplette Trassenverlegung. Zudem ist eine Richtungstrennung auch unter Umweltaspekten negativ zu beurteilen, da deren Auswirkungen fast doppelt zu bilanzieren sind, da die Zerschneidungswirkungen sowohl für die eine alte als auch für die andere neue Trasse zu konstatieren sind.

·        Von der Anschlußstelle (AS) Eisenach-West (neu) bis westlich Waltershausen wird die A 4 auf 24,5 km daher verlegt und im Norden von Eisenach und den Hörseibergen neu gebaut.

Für die Neubauvariante wurden zwei Trassenvarianten vertieft untersucht, wovon die sog. Mittelvariante mit der Landesplanerischen Beurteilung vom 30. August 1996 bestätigt wurde. Nach Prüfung aller Vor- und Nachteile hat der Bundesminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen im Februar 2000 die Linie für diesen Neubauabschnitt der A 4 bestimmt. Er beginnt unmittelbar östlich der Werratalbrücke. Zunächst wird die vorhandene Trasse auf ca. 2 km Länge nach Süden hin verbreitert. Damit können die Eingriffe in das Gelände der Tank- und Rastanlage Eisenach auf ein Minimum reduziert werden.

Anschließend schwenkt die Trasse nach Nordosten (Richtung Mosewald) ab. An der Kreuzungsstelle mit der Bundesstraße B 7 entsteht die neue AS Eisenach-West. Im großen Bogen führt die Autobahn dann nach Osten, vorbei an den Ortschaften Madelungen, Stregda, Neukirchen, Hötzelsroda, Bolleroda und Beuernfeld bis zur AS Eisenach-Ost (B 84) bei Großenlupnitz. Von hier aus geht es weiter in östliche Richtung bis die Trasse nordwestlich von Ettenhausen nach Süden abknickt und bei Sattelstädt wieder in die Trasse der vorhandenen A 4 mündet. Der Streckenabschnitt endet westlich der AS Waltershausen.

Diese Maßnahme leistet einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der Infrastruktur im westthüringischen Raum und entspricht so in vollem Umfang den landesplanerischen und raum-ordnerischen Zielen des Freistaates.

Dies sind:

·        bessere Versorgung mit zentralen Dienstleistungen,

·        verbesserte Erreichbarkeit der Gewerbe- und Industriegebiete und damit

·        Stärkung der Wirtschaft durch optimierte Marktzugangs- und Absatzchancen,

·        Entlastung des nachgeordneten Straßennetzes, insbesondere in Ortslagen.

Der Neubau der A 4 im vorliegenden Abschnitt trägt somit auch dazu bei, den angestrebten Ausgleich zwischen den potentiell leistungsstarken und den eher strukturschwachen Landesteilen zu beschleunigen.

Anschlußstelle Eisenach-West (neu)

östlich der T + R-Anlage Eisenach entsteht mit der neuen AS Eisenach-West ein leistungsfähiger Verknüpfungspunkt der A 4 mit der im Kreuzungsbereich verlegten Bundesstraße B 7. Parallel erfolgt in einer gesonderten Maßnahme des SBA Meiningen eine Kurvenbegradidung der B 7 nördlich der AS Eisenach-West.

Anschlußstelle Eisenach-West (alt)

Da die alte A 4 auf einer Länge von ca. 10 km bestehen bleibt, um im Stadtgebiet von Eisenach die Funktion einer Stadtstraße zu übernehmen, wird auch die alte AS Eisenach-West erhalten. Die B 7 (alt) wird dann nur noch im Nebenanschluß an diesen übergeordneten Straßenzug angebunden und dem langsamen sowie dem Anliegerverkehr vorbehalten sein.

Talbrücke Böbertal

Mit einer maximalen Höhe von 14 m über Talgrund quert das Bauwerk die Böber, die B 84 mit einem Abzweig der L 2113 nach Beuernfeld sowie einen Wirtschaftsweg. Die Brücke soll in Spannbetonbauweise hergestellt werden und hat Stützweiten von 50 bis 85 m. Die Breite zwischen den Geländern beträgt 36 m.

Anschlußstelle Eisenach-Ost

An dieser Anschlußstelle bindet auf der Höhe von Großenlupnitz die Bundesstraße B 84 an die neue Autobahn an. Der Anschluß zur B 84 erfolgt über die verlegte und umgebaute Landesstraße L 2113; die Verknüpfung der beiden Straßen erfolgt über einen Kreisverkehrsplatz an den ebenfalls die Kreisstraße K 2 A angeschlossen wird.

Talbrücke Nessetal (416 m)

Die neunfeldrige Spannbetonbrücke mit Stützweiten von bis zu 52 m führt in einer maximalen Höhe von 55 m über das Tal.

Talbrücke Hörseltal (422 m)

Das Hörseltal mit den DB-Gleisen der Strecke Halle-Guntershausen, der B 7 sowie der Hörsel wird von einem 12feldrigen Bauwerk gequert. Dabei wird die Brückenöffnung gegenüber dem Bestand wesentlich vergrößert. Die Überbaukonstruktion (zweistegiger Plattenbalken) führt in einer maximalen Höhe von 14 m über das Tal.

Landschaftspflegerische Begleitplanung

Für Eingriffe in Natur und Landschaft, die durch Bau, Anlage und Betrieb einer Autobahn entstehen und nicht vermieden bzw. vermindert werden können, muß ein Ausgleich bzw. Ersatz geschaffen werben. Die erheblichen und/oder nachhaltigen Beeinträchtigungen des Vorhabens werden erfaßt und bewertet. Je nach Art des Eingriffs und den örtlich betroffenen Funktionen, werden landschaftspflege-rische Maßnahmen entwickelt, die die betroffenen Funktionen bzw. Bestandteile von Natur und Landschaft im räumlichen und funktionalen Zusammenhang anderen Orts aufgreifen, stärken und entwickeln.

So sollen beispielsweise die an Bächen, Gräben und Wegen verbliebenen naturnahen Strukturen entwickelt bzw. Biotopverbundachsen und neue Ersatzlebensräume geschaffen werden. Durch konkrete Hinweise der Planer wurde insbesondere die sog. ökologische Durchlässigkeit der Trasse durch entsprechend plazierte und dimensionierte Durchlässe und die Ausbildung der Talbrücken optimiert, so daß Austausch- und Wanderbeziehungen der bodengebundenen Leitarten (Amphibien, Wildkatze) ermöglicht werden, die bei der Bestandstrasse nicht vorhanden sind.

Für Kompensationsmaßnahmen sind rund 193 ha Fläche vorgesehen, wozu auch der Rückbau eines Teilabschnitts der alten Hörselbergtrasse im Umfang von rund 24 ha gehört. Zusätzlich erfolgen auf rund 27 ha desTrassenkörpers (Böschungen, Rückhaltebecken etc.) Gestaltungsmaßnahmen zur Einbindung der Trasse in das Landschaftsbild. Die ermittelte Eingriffsfläche (absolut) umfaßt rund 269 ha. Insgesamt werden für das Gesamtprojekt, d. h. die Trasse und Ihre Nebenanlagen sowie die landschaftspflegerischen Maßnahmen, rund 361 ha ihrer bisherigen Nutzung entzogen bzw. in der bisherigen Nutzbarkeit eingeschränkt.

Immissionsschutz

Zur Minderung der Schallimmissionen wird im Neubauabschnitt auf insgesamt etwa 12,6 km Länge ein lärmmindernder Fahrbahnbelag eingebaut. Darüber hinaus sind für Bereiche von Madelungen, Neukirchen, Großenlupnitz und Sättelstädt insgesamt rund 3.700m aktive Lärmschutzmaßnahmen (Wand, Wall) vorgesehen. In einigen weiteren Bereichen ist die Überschreitung der Grenzwerte so gering, daß aktive Maßnahmen zwar nicht angemessen sind, jedoch passive Lärmschutzmaßnahmen (Schallschutzfenster) dem Grunde nach vorgesehen werden.

In Teilbereichen ist ein erhöhter Ausstoß von Luftschadstoffen zu erwarten. So wird der Beurteilungswert für Ruß (4 mg/m3) am Fahrbahnrand der Trasse überschritten. Bereits in 10 m Abstand wird der Beurteilungswert jedoch wieder unterschritten.

Der Beurteilungswert für NO2 (40 μg/m3) wird in einem Abstand bis zu rund 90 m vom Fahrbahnrand überschritten. Von diesen Überschreitungen ist jedoch keine Wohnbebauung betroffen.

 

Daten & Fakten

 

Aufgabe:

Sechsstreifiger Neubau der A 4 im Bereich Eisenach / Hörselberge

Länge:

24,5 km

Anschlußstellen:

- Eisenach-West (B 7)
- Eisenach-Ost (B 84)

Bauwerke:

5 Überführungsbauwerke
16 Autobahnbrücken, darunter die Talbrücken:
Böbertal (200 m)
Nessetal (416 m)
Hörseltal (422 m)

Anlagen:

Tank- und Rastanlage Eisenach (Bestand)
1 PWC-Anlage (beidseitig)

Besonderheiten:

Rückbau der alten A 4-Trasse auf ca. 9 km Länge

Kosten:

315 Mio. DM

Planfeststellung

Gegenstand des Planfeststellungsverfahrens sind die Unterlagen, bestehend aus Plänen und textlichen Erläuterungen, die erkennen lassen, warum, wo, in welchem Umfang und in welcher Weise die BAB A 4 im Streckenabschnitt Eisenach/Hörselberge neu gebaut werden soll.

Durch die Planfeststellung wird das Bauvorhaben unter Abwägung der öffentlichen und privaten Belange in die Umwelt eingeordnet. Dabei wird entschieden, inwieweit in die Rechte anderer eingegriffen werden muß. Dies geschieht nach dem Grundsatz: Jeder Plan, der zu seiner Durchführung einen Eingriff in privates Eigentum erfordert, muß dem Wohl der Allgemeinheit dienen. Durch die Planfeststellung werden die öffentlich-rechtlichen Beziehungen im Zusammenhang mit dem geplanten Bauvorhaben abschließend geregelt. Die Durchführung des Grunderwerbs und Entschädigungsfragen sind nicht Gegenstand des Planfeststellungsverfahrens und bleiben gesonderten Regelungen vorbehalten. Gegen die Unterlagen, die innerhalb der einmonatigen Auslegungsfrist von der Öffentlichkeit eingesehen werden können, kann jeder, dessen Belange bei der Durchführung des Planvorhabens berührt werden, Einwendungen geltend machen. Die Einwendungen sind keine Rechtsbehelfe in einem förmlichen Widerspruchsverfahren, sondern Äußerungen, mit denen Beteiligte ihre Vorstellungen zu dem Plan, ihre rechtlichen und tatsächlichen Bedenken und Anregungen sowie Änderungswünsche vortragen können. Der Planfeststellungsbeschluß, der von der Planfeststellungsbehörde im Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Infrastruktur erlassen wird, kann beim Bundesverwaltungsgericht Berlin durch Klage angefochten werden, sofern eine Rechtsbeeinträchtigung geltend gemacht werden kann.